Lena Weiss und Lixi Frank| Produzentinnen
Porträts

Lena Weiss und Lixi Frank| Produzentinnen

September 2021

Eine neue Produzent*innen-Generation

 

Trotz aller Hürden, auf die junge Produzentinnen und Produzenten stoßen, wenn sie sich in der Filmbranche etablieren wollen: Es rührt sich etwas in der österreichischen Produktionslandschaft. Lixi Frank und Lena Weiss gehen dabei mit wehenden Fahnen voran: Mit Erfahrung und Ausdauer setzen sie Visionen um und kämpfen an filmpolitischen Fronten für Veränderungen in der Branche. 

Wir treffen Lena und Lixi Anfang Juli in sehr erfreulich-aufregenden Zeiten: Lixi hat vor wenigen Tagen mit The Trouble With Being Born (R: Sandra Wollner, 2020) den Österreichischen Filmpreis für Bester Spielfilm gewonnen. Der Film ist der erste Kinospielfilm, den Lixi mit der von ihr 2018 mitgegründeten Firma Panama Film produzierte. Lena treffen wir in den ersten Drehtagen von Heimsuchung (R: Achmed Abdel-Salam). Es ist ihr erster langer Kinospielfilm, den sie mit der 2017 zunächst von ihr allein gegründeten Produktionsfirma Glitter & Doom herstellt.

Dass wir an dieser Stelle den beiden Produzentinnen ein gemeinsames Porträt widmen, erschließt sich vor allem aus den letzten Jahren ihrer Berufswege. Seit 2020 sitzen sie nämlich gemeinsam im Vorstand des AAFP, des Verbands österreichischer Filmproduzentinnen und -produzenten, und versuchen von dort aus, die Anliegen ihrer Generation bei den etablierten Kolleg*innen anzubringen.

Aber der Reihe nach:

Lixi Frank wurde 1987 in der ehemaligen DDR geboren und wuchs in Hallein auf, als ihre Mutter mit ihr, damals sechs Jahre alt, nach Österreich zog. Der Berufseignungstest, den Lixi nach der Handelsakademie machte, zeigte in Richtung Architekturstudium. Ein Studium, das sie nach nur einer Woche abbrach, um sich schließlich noch in Theater-, Film- und Medienwissenschaft (TFM) zu inskribieren. Ein Semester später kam aufgrund Lixis Interesses an Journalismus das Publizistikstudium hinzu (das sie im Bachelor abschloss).

Lena Weiss ist ebenfalls 1987 geboren und aus Wien. Sie ging, wie sie sagt, in ihrer Jugend oft ins Kino und hatte Interesse am Film, bei der Matura schrieb sie über Jim Jarmusch und sowjetisches Kino. Nach Schulabschluss zog sie zunächst nach Florenz, eigentlich nur, um ein Jahr lang Italienisch zu lernen, was ihr aber nach einem Monat zu „fad“ war, woraufhin sie sich für ein Studium der „Disziplinen der Künste, der Musik und des Spektakels“ inskribierte. Drei Jahre später hatte sie ihren Bachelorabschluss.

Lena (ganz rechts) und das Filmteam von Heimsuchung beim Drehstart. Der Film ist der erste von Glitter & Doom produzierte Kinospielfilm. Foto © Glitter & Doom, Prisma Film / Daniela Jud 

Lixi (am Mikrofon) und das Filmteam von The Trouble With Being Born beim Österreichischen Filmpreis 2021. Der Film ist der erste von Panama Film produzierte Kinospielfilm. Foto © Oliver Stangl / Akademie des österreichischen Films

Gegen Ende ihrer Studien wurde den beiden klarer, wohin der weitere Weg weisen sollte. Lixi wollte während des Studiums schon in Richtung Kulturmanagement gehen, aber es zog sie immer mehr zum Film: Lixis Freund studierte an der Filmakademie Wien und sie begann, bei Student*innenprojekten in verschiedenen Positionen auszuhelfen. Nach einem Praktikum bei einer Produktionsfirma in Berlin entschied sie sich, trotz abgeschlossenem TFM-Studium auch noch auf der Filmakademie zu studieren, und bewarb sich 2011 für das Produktionsfach. „Produktion verbindet vieles, was meinen Fähigkeiten und Interessen entspricht“, beschreibt Lixi ihre Leidenschaft für den Beruf: „organisatorisches und strategisches Denken, der Filmherstellungsprozess umfasst viele künstlerische Bereiche, von Design über Fotografie bis Literatur, und ich arbeite gerne mit Kreativen an der Umsetzung ihrer Visionen.“

Im Publizistikstudium wählte Lixi Feministische Medienwissenschaften als Schwerpunktfach, für die TFM-Magisterarbeit ein ebenso politisches Thema: die Lage der Filmemacherinnen in Österreich unter dem Aspekt der Filmförderung. „Ich sah in der Unterrepräsentation von Frauen ein großes Problem“, sagt Lixi, die ihre Arbeit mit dem Titel Celluloid Ceiling zu einem Zeitpunkt verfasste, als die 2010 gegründete Initiative FC Gloria – Frauen Vernetzung Film zwei Jahre alt war und die Diskussion in der Branche, Stichwort Quote, erst aufflammte. Da Lixi zu dem Zeitpunkt bereits ein Produktionsstudium an der Filmakademie im Auge hatte, half ihr ein praxisnahes Diplomarbeitsthema, sich schon mit Förder- und Firmenstrukturen zu beschäftigen.

Nach Florenz war auch für Lena klar, dass ihr weiterer Weg in Richtung Produktion gehen sollte. Sie bewarb sich bei verschiedenen Produktionsfirmen, und da die coop99 beim Filmfestival in Venedig jemanden für die Vor-Ort-Organisation ihrer Premieren suchte, war Lena zur Stelle. In Venedig traf sie den damaligen Geschäftsführer des Stadtkino Filmverleihs, der ihr das nächste Praktikum in Wien anbot. „Durch diese zwei Praktika habe ich einen Einblick bekommen, wie gewisse Bereiche der Filmbranche funktionieren“, sagt Lena. Da sie „gut organisieren“ konnte und von der theoretischen zur praktischen Arbeit beim Film gehen wollte, bewarb sie sich 2010 für das Produktionsstudium an der Filmakademie (das sie 2020 im Master abschloss) – ein Jahr früher als Lixi (die 2016 im Bachelor abschloss).

Dass sich auf der Filmakademie Netzwerke bilden, die vielleicht ein Berufsleben halten, war vor allem für Lena prägend. Rund um ihre Jahrgangskolleg*innen sei ein großer Bekanntenkreis entstanden, aus dem sich nicht nur Freundschaften entwickelten, sondern immer wieder auch Filmprojekte: Mit Kameramann Alexander Dirninger realisierte Lena noch vor dem Spielfilm Heimsuchung die letzten zwei Filme der Kurzfilmtrilogie um die Herren Szabo und Fitzthum des Regisseurs Albert Meisl (2017, 2019; der erste Film der Trilogie produzierte lustigerweise Lixi Frank); mit Editorin und Regisseurin Anna Kirst den ersten Langdokumentarfilm Arche Nora, der im Herbst 2021 in die Kinos kommt; und aktuell mit Autor und Regisseur Achmed Abdel-Salam ihren ersten Kinospielfilm.

Trailer zu Arche Nora, Lenas erstem Langdokumentarfilm, den sie mit Glitter & Doom produzierte.

Anders als Lena fand Lixi eine solche „Familie“ während ihrer Studienzeit nicht. Lixi arbeitete mit unterschiedlichen Regie-Kolleg*innen, meist höheren Jahrgangs, zusammen, wie Leni Lauritsch (Clinch, 2014), Clara Stern (Die Inseln, die wir sind, 2011) oder Michael Ramsauer (Vergeben und Vergessen, 2015, Lixis Abschlussfilm), oder auch mit Regisseur*innen außerhalb der Filmakademie, wie Kurdwin Ayub, deren ersten Langdokumentarfilm Paradies! Paradies! (2016) Lixi gemeinsam mit Filmakademie-Produktionskollege Rudi Takacs produzierte, oder Sandra Wollner, die ihren zweiten Langfilm in Österreich drehen wollte und dafür – neben der Filmakademie Baden-Württemberg und dem ZDF – noch einen österreichischen Produktionspartner suchte. (Sandra porträtierten wir 2020). The Trouble With Being Born war dann auch der erste von Panama Film produzierte Kinospielfilm. „Ich schätze Sandras Arbeit wahnsinnig, auf inhaltlicher, formaler, aber auch persönlicher Ebene“, sagt Lixi. Mit Sandra möchte sie ebenso weiterarbeiten wie mit Timm Kröger (Kameramann von The Trouble With Being Born, aber auch Regisseur und Produzent), dessen zweiten Kinospielfilm Panama Film soeben koproduziert. „Mit ihnen habe ich vielleicht so etwas wie eine Filmfamilie gefunden“, so Lixi über die Zusammenarbeit.

Trailer zu Paradies! Paradies!, den ersten Langfilm, den Lixi als Produzentin gemeinsam mit Rudi Takacs herstellte. Der Film ist in Österreich im KINO VOD CLUB online verfügbar.

Trailer zu The Trouble With Being Born, den ersten von Panama Film produzierten Kinospielfilm.

Neben diesen eigenen Projekten haben Lixi und Lena sich das Einmaleins der Produktion vor allem über diverse Positionen bei diversen Projekten von unterschiedlichsten Produktionsfirmen gemacht. Für Lena prägend waren ihre Jobs bei Terra Mater, wo sie eineinhalb Jahre lang für den Dokumentarzweiteiler Zwischen den Welten arbeitete, der in sechs Ländern gedreht wurde (Lena schrieb über die Hälfte der Bücher und war vor Ort als Produktionsleiterin dabei), und bei Prisma Film, wo sie für zwei Spielfilme, u.a. einen Tatort, die Produktionsleitung übernahm. Für Lixi war wohl das Jahr nach Paradies! Paradies! prägend, als sie sich entschied, bei der Geyrhalter Filmproduktion eineinhalb Jahre lang als Junior Producerin eine Karenzvertretung zu übernehmen. „Wir hatten Homo Sapiens auf der Berlinale, machten Future Baby fertig und haben LICHT von Barbara Albert und L’Animale von Katharina Mückstein gedreht. Ich hab in der Zeit wahnsinnig viel gelernt und schätze ‚die Geyrhalter‘ sehr, vor allem Michael Kitzberger war und ist als Produzent ein wichtiges Vorbild für mich.“

Was Lena und Lixi aber sein wollten: kreative Produzentinnen, die Projekte von Anfang bis Ende begleiten und mitgestalten – wie bei den Projekten auf der Filmakademie. „Da macht man ja alles“, beschreibt Lena, „von Catering bis Halteverbotsschilder aufstellen. Aber ich habe gemerkt, dass ich mich vor allem inhaltlich mit den Stoffen auseinandersetzen möchte“ – wie beim mittellangen Film Die Hochzeit (2016) oder der Webserie The Food and Beer Geeks (2015), beide von Regie-Studienkollege Sebastian Mayr. „Ich fragte mich“, sagt Lena, „mit welcher Struktur ich so arbeiten kann, dass ich inhaltlich gestalten kann. Im bestehenden System ist das aber schwierig, selbst als Producer überwiegt oft die organisatorische Arbeit und das letzte Wort haben klarerweise immer die Produzent*innen.“

Ähnlich beschreibt es Lixi: „Mein Gefühl war auch, dass die Entfaltung, die ich suchte, in diesen Firmen nicht möglich ist. Hierzulande ist alles so kleinstrukturiert. Da gibt’s die Produzent*innen und Geschäftsführer*innen und drunter sind dann schon die organisatorischen Berufe wie Herstellungsleitung, also ‚hands-on‘-Berufe, bei denen nicht unbedingt die kreative Arbeit im Vordergrund steht. Ich wusste schon zu Beginn des Studiums: Ich kann mich zwar bei einer Firma hocharbeiten, aber werde immer an der letzten Ebene scheitern und nur dann wirklich ‚Produzentin‘ werden, wenn ich die Firma übernehme oder sie mich eingliedern.“

Lena und Lixis beschlossen also, sich selbständig zu machen. (Lena hat ihren Schritt zur Firmengründung 2018 für uns in einer Sichtweise begründet.) Und das im Wissen, dass die Branche darüber jammert, dass es schon zu viele Produktionsfirmen und für diese zu wenig Geld und Projekte gibt.

Lixi sagt dazu folgendes:

„Ich würde Gründungen überhaupt nicht unterbinden wollen! Vor uns hat ja zu lange niemand gegründet. Wenn man immer wieder zur Zeit der coop99- oder AMOUR-FOU-Gründung zurückkehren muss, dann stimmt ja irgendetwas nicht. Es gibt nicht allzu viele, die sich wirklich etabliert haben, und in Wirklichkeit ist das ein Armutszeugnis für die Branche. Es braucht doch alle zehn Jahre die zwei, drei, vier neuen Produktionsfirmen! Es braucht natürlich auch solche, die zu bestehenden Firmen hinzugehen – da gibt es ja auch sehr tolle Leute. Nicht jede und jeder muss jede Struktur bedienen, ich finde es auch wichtig, Allianzen zu bilden und zu kooperieren. Wir drehen zum Beispiel aktuell mit der Geyrhalter eine arte-Dokuserie. Ich habe so eine innerösterreichische Koproduktion bereits beim Dreh von L’Animale miterlebt und kann mir auch vorstellen, in Zukunft mit anderen Producer*innen Projekte zu entwickeln.“

Lena sagt:

„Es gibt ja in Österreich kein Producer-System, wo ich sagen könnte: ‚Ich, Lena Weiss, ohne Firma, will mit Regisseur*in XY und Autor*in YZ arbeiten, entwickle ein Paket und geh damit zu einer Firma, die das Ganze dann abwickelt und die Infrastruktur zur Verfügung stellt.‘ An sich fände ich das aber spannend. Und ja: Es gibt schon sehr viele Produktionsfirmen in Österreich und es wird schwierig, wenn jede*r, der*die als Produzent*in kreativ arbeiten möchte, eine eigene Firma gründet. Aber ich habe für mich keine Alternative gesehen.“

Lixi gemeinsam mit Geschäftspartner und Produzent David Bohun (dem wir 2014 unser allererstes Porträt widmeten). Die Gründung von Panama Film geht auf eine gemeinsame Initiative mit den Regisseuren Stefan Bohun und Sebastian Brameshuber zurück. Foto © Nina Nauber

Lixi und Firmenmitgründer und -partner David Bohun planen, ihr Unternehmen gesund wachsen zu lassen. The Trouble With Being Born sei mit einem Budget von 500.000 Euro noch in ihrer kleinen Firmenstruktur durchführbar gewesen. Aber bei größeren Budgets brauche es breiter aufgestellte Strukturen. Das nächste Spielfilmprojekt von Panama Film, DIE THEORIE VON ALLEM von Timm Kröger, ist eine deutsch-österreichische Koproduktion mit einem Budget von 2.4 Millionen Euro. Es sei jetzt die Aufgabe, in den kommenden Monaten die Firmenstruktur so zu gestalten, um so ein Projekt tragen zu können, sagt Lixi. Soeben abgedreht haben sie den Dokumentarfilm STAMS (R: Bernhard Braunstein) über das gleichnamige Skigymnasium und in der Festivalverwertung befindet sich aktuell der Dokumentarfilm Soldat Ahmet (R: Jannis Lenz). Gemeinsam mit Regisseur*innen wie Stefan Bohun, Catalina Molina, Sebastian Brameshuber, Magdalena Chmielewska und dem Regie- und Produzent*innenduo Elsa Kremser und Levin Peter entwickeln sie neue Projekte. „Wir sind im Art-House unterwegs“, sagt Lixi über ihren Fokus, „und arbeiten mit Regisseur*innen, die einen individuellen Zugang zu ihren Geschichten und eine starke formale Handschrift haben. Die Filme sind manchmal ‚leise‘, manchmal kontrovers und stellen immer etwas infrage.“

Lena gemeinsam mit Firmenpartner Eugen Klim 2019 beim Österreichischen Filmpreis. Foto © Marija Burtscher

Lena hat ihre Firma 2021 in eine GmbH und CoKG umgewandelt, als Eugen Klim Mitgesellschafter wurde. Mit ihm und weiteren Autor*innen entwickelt und schreibt sie derzeit an zwei Serien. Das Interesse, Bücher mitzuschreiben, kam mit ihrem Bachelor-Kurzfilm All The Tired Horses (2017, gibt’s hier online), den Lena gemeinsam mit Regisseur Sebastian Mayr und Kameramann Alexander Dirninger schrieb. Für ein neues Projekt des experimentierfreudigen Künstlerkollektivs TOTAL REFUSAL erhielt Glitter & Doom soeben eine Projektentwicklungsförderung, weitere Filme und Serien sind ebenso in Entwicklung. „Es ist ein breiter Fächer, den wir haben“, sagt Lena. „Etwas für einen Streamingdienst oder das neue Projekt von TOTAL REFUSAL zu produzieren schließt sich ja nicht aus. Ich möchte auf jeden Fall Filme machen, die künstlerisch interessant und relevant sind, aber auch ein Publikum erreichen können.“

Trotz vieler Herausforderungen – aktuell Firmenaufbau und -führung, Projekte entwickeln, Filme produzieren, und das als junge Selbstständige unter sehr prekären Bedingungen – sind Lena und Lixi seit Jahren auch filmpolitisch aktiv, und das immer intensiver: Um Studierenden mehr Gehör zu verschaffen, engagierte Lixi sich an der Filmakademie in der Studienrichtungsvertretung, nach dem Studium war sie zwei Jahre lang Vorstandsmitglied bei dok.at. Lena schrieb in ihrer Diplomarbeit über Green Filming. Wie auch Lixi wollte Lena sich mit einem Thema beschäftigen, das für sie beruflich brauchbar ist. „Ich hab mich da ziemlich reingefuchst“, sagt Lena, die die Arbeit im Frühjahr 2020 schrieb, im Wissen, dass Green Filming in der Branche ein Thema war. Lenas Empfehlung für ein steuerliches Anreizmodell mit grünem Bonus wurde in der Wirtschaftskammer aufgenommen. „Ich habe ein Grundgerüst für das Modell ausgearbeitet, das wir in der Kammer weiterentwickelt haben und jetzt versuchen umzusetzen“, sagt Lena, die den Spielfilm Heimsuchung als ein Green-Filming-Pilotprojekt für das Österreichische Filminstitut umsetzt. (In einem aktuellen Interview mit der Austrian Film Commission erzählt Lena mehr darüber.) Seit 2020 sitzt Lena als Vertreterin der Wirtschaftskammer Wien im Bundesausschuss des Fachverbands der Film- und Musikwirtschaft. Dort verhandelt sie als Arbeitgeber*innenvertretung etwa den Kollektivvertrag mit. Lena ist eine von drei Frauen bei insgesamt 15 Funktionär*innen. „Soviele Frauen wie noch nie!“, sagt Lena mit etwas Zynismus.

Ein logischer Schritt war dann auch, dass Lena und Lixi sich 2019 für den Vorstand des AAFP, des Verbands österreichischer Filmproduzentinnen und -produzenten, aufstellen ließen. Auch, um in diesem sehr mächtigen Verband stärker Frauen und jungen Produzent*innen eine Stimme zu geben. Als kurz darauf einige Mitglieder austraten, um den neuen Verband Die Produzent*innen zu gründen, haben Lena und Lixi überlegt, wie sie damit umgehen sollen. „Ich trag das niemandem nach“, sagt Lena, „und ich versteh auch ihre Gründe. Ich hatte aber das Gefühl, es ist sinnvoller, im AAFP zu bleiben und von dieser etablierten Struktur heraus zu versuchen, Dinge zu verändern. Auch wenn wir bei manchen Anliegen, die uns wichtig sind, oft überstimmt werden. Wie beispielsweise bei der Quotenfrage.“ „Es ist wichtig, unsere Perspektive einzubringen und Teil von Entscheidungsprozessen zu sein, auch wenn oft sehr gegensätzliche Meinungen aufeinanderprallen und es manchmal sehr anstrengend ist“, beschreibt Lixi ihre Position. „Aber gerade das Thema Produzentischer Nachwuchs ist im Verband sehr unterrepräsentiert.“

Akteur*innen von morgen (2016, 6 min) – Video gestaltet für das Diagonale Film Meeting 2018 zum Thema Filmpolitik. Student*innen der Filmakademie Wien, u.a. Lena Weiss, berichten von ihren Branchenerfahrungen und ihrem filmpolitischen Bewusstsein.

„Mich hat einfach zuviel gestört am Status quo der österreichischen Produktionslandschaft, um nichts dagegen zu tun“, sagt Lena. Neben Frauen/Gender und Green Filming ist auch die Nachwuchsförderung ein großes Anliegen: Wie können junge Filmemacher*innen in dieser Branche Fuß fassen? „Vor allem im Bereich Nachwuchs herrscht noch sehr viel Nachholbedarf“, betont auch Lena, die neun Herstellungseinreichungen hinter sich bringen musste, bis es bei der zehnten mit einer Zusage klappte und sie endlich die Chance für ihren Debütspielfilm bekam. „Die jetzigen Modelle wie Werktstattprojekt und Senior Producer zeigen viele Schwachstellen auf. Bei Heimsuchung ist die Prisma Film als Senior Producer mit an Bord. Das funktioniert wegen der jahrelangen Zusammenarbeit sehr gut, aber ist bei Senior-Producer-Projekten leider nicht immer der Fall. Es wäre extrem dringend, da endlich etwas zu tun. Nicht nur, weil es gut wäre für die Filmlandschaft, wenn es mehr junge Produzent*innen, mehr junge Regie, mehr junge Bücher gäbe. Sondern weil die Branche jetzt auch merkt, dass ihnen die Leute ausgehen: Es fehlt an Produktionsleiter*innen, an Regieassistent*innen, an Aufnahmeleiter*innen … In vielen Gewerken ist ein extremer Mangel da!“ Lena und Lixi haben das Thema Nachwuchsförderung bereits in Verband und Wirtschaftskammer hineingetragen und arbeiten an einer nachhaltigen Nachwuchsförderstrategie, mit der sie bald auch bei Förderstellen und Politik vorstellig werden wollen.

„Ich würde mir wünschen, dass die Erfahrung, die wir mit The Trouble With Being Born gemacht haben, auch anderen jüngeren Produzent*innen offen steht“, sagt Lixi zu den fehlenden Chancen des Filmnachwuchses. „Nämlich Filme mit einem mittelbugdetierten Rahmen zu machen, eine gute Zwischenstufe zwischen Kurz- und Langfilm. Und du bist trotzdem für alles verantwortlich. Es ist ein wichtiger Lernprozess, Entscheidungen auch selbst zu treffen – und diese jetzt nicht in einem Senior-Producer-Modell wieder anderen zu überlassen. Der ‚geschützte‘ Rahmen ist nicht immer unbedingt der beste, sondern vielleicht auch mal der, der es dir erlaubt, sich auszuprobieren und Fehler zu machen. Und ich bin auch kein Fan von diesem ewigen Warten und dass man oft jahrelang braucht, um einen Film machen zu können …“

Warten ist nicht so Lixis und Lenas Ding. Sie sind jetzt dort, wo sie hinwollten, und arbeiten als kreative Produzentinnen. An Projekten mangelt es nicht, genauso wenig an Branchenfragen, die gestellt und ausdiskutiert werden müssen. Die politische Arbeit kostet viel Kraft und Zeit. Aber für Lena und Lixi ist es wichtig, sich diese Zeit zu nehmen. „In der österreichischen Filmbranche waren bisher fast alle Machtpositionen und Entscheidungsposten männlich besetzt, die wichtige Verbands- und Lobbyarbeit mach(t)en hauptsächlich Männer. Auch die jüngere Generation ist kaum vertreten. Das ändert sich jetzt langsam und das ist mir sehr wichtig“, sagt Lena.

Oft sind Branchenfragen auch Generationenfragen, meint Lixi: „Man hat sich vielleicht bisher für Strukturen eingesetzt, die einem als Produzent auch selbst was bringen. Das braucht sehr viel Durchsetzungsvermögen und ist immer noch stark von patriarchalen Strukturen bzw. einer gewissen Machtkonzentration geprägt. Das ist aber so fern von dem, wer ich bin, wie ich arbeite oder mit wem ich sonst zu tun habe. Ich glaube, das ist auch etwas, das unsere Generation anders sieht, wo sie sich anders verhält und auf Augenhöhe agiert. Da ist vieles kooperativer als vielleicht noch bei Generationen vor uns.“

Die Zukunft der Branche gehört hoffentlich Menschen wie Lixi Frank und Lena Weiss.

von Dominik Tschütscher, im Juli 2021
Foto © Theresa Wey
Webseite Glitter & Doom
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