Maximilian Conway| BMKÖS Startstipendiat 2022
Porträts

Maximilian Conway| BMKÖS Startstipendiat 2022

Januar 2023

Der Kampf zwischen Individuum und Gesellschaft

 

Maximilian Conway, 1988 in Graz geboren, studierte zunächst Architektur an der TU Graz, bevor er von 2016 bis 2020 den Regie-Bachelor an der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF absolvierte. Sein Abschlussfilm Liebe, Pflicht & Hoffnung wurde bei der Diagonale’21 als Bester Kurzspielfilm ausgezeichnet. Seit 2020 studiert Maximilian im Master Regie an der Filmakademie Wien. Im Rahmen des Startstipendiums entwickelt er sein mögliches Langfilmdebüt Der Yeti – über eine junge Arbeitslose, die sich in einen Mann verliebt, der als Mörder stigmatisiert wird.

 

Nach einem Architekturstudium und der Arbeit im Architekturbüro hast du dich entschieden, Film zu studieren. War das ein spätes Erkennen einer wirklichen Leidenschaft oder gab’s die schon immer?

Maximilian Conway: Das Filmemachen hat mich schon zu Schulzeiten sehr interessiert, doch von der Arbeit beim Film hatte ich lange keine Ahnung. Als ich an der TU Graz die Möglichkeit bekam, kleine Filme zu drehen, habe ich mich in diese Arbeit gestürzt. Da ich die Ergebnisse besser fand als sämtliche meiner Architekturentwürfe, bewarb ich mich mit meinen Kurzfilmen um ein Regiestudium, wurde allerdings prompt abgelehnt. Danach begann ich bei Filmproduktionen quer durch Deutschland zu jobben, um Praxiserfahrung zu sammeln. Ich habe beim Szenenbild gearbeitet, Dolly-Schienen verlegt, Ton geangelt, Kompars*innen betreut, Werbefilmchen geschnitten, alles Mögliche. In Schleswig-Holstein drehte ich nebenbei einen Kurzdokumentarfilm und startete damit in die nächste Bewerbungsrunde. Zwischenzeitlich war ich in einem Hamburger Architekturbüro angestellt. Mit meinem Film über einen Familienvater, der als Schlagersänger durchstarten will, wurde ich 2016 schließlich an der Filmuni Babelsberg fürs Regiestudium angenommen.

Du hast damals ein sehr amüsantes Selbstporträt gemacht, in dem dein Alter Ego „Real MC“ über sein Leben im Plattenbau rappt. Inwieweit zeigt dieses Selbstporträt, wer du als Filmemacher sein willst und was dich filmisch interessiert?

Nachdem ich an der Filmuni Babelsberg aufgenommen wurde, sollte ich über den Sommer einen „Ich-Film“ drehen, um mich den anderen Studierenden vorzustellen. Bald hatte ich ein paar Reime im Kopf und ließ mir von einem Berliner Kollegen einen simplen Beat basteln, zu dem ich dann rappen konnte. Das dazu gedrehte Musikvideo ist eine überspitzte Illustration meiner damaligen Lebensumstände. Es zeigt weniger, wer ich als Filmemacher sein will, sondern viel mehr meine Lust an Musik, Montage, Choreografien, Überraschungsmomenten und Sprachspielereien. Filmisch interessant fand ich damals vor allem das trockene Intro mit dieser gelangweilten Stimme aus dem Off. Das ist inspiriert von Kelly Reichardts Debütfilm River of Grass und dem Anfang von Badlands, meinem mit Abstand liebsten Terrence-Malick-Film.

Du hast ein Studium an der deutschen Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF absolviert und studierst jetzt in Österreich an der Filmakademie Wien. Welche Unterschiede in Ausbildung und Zugang sind für dich erkennbar?

Das ist für mich gar nicht so leicht zu vergleichen, da ich in Babelsberg im Grundstudium studiert habe und jetzt in Wien im Master bin. Ich kann nur sagen, dass es in Babelsberg im Gegensatz zum Wiener „Studium Generale“ von Beginn an eine Spezialisierung innerhalb des Studienfaches gab, in meinem Fall also im Regiefach. Während meines Studiums habe ich aber auch immer wieder auf die Produktionen der Filmakademie Wien geschaut und war von vielen Filmen sehr angetan. Als ich vor der Wahl stand, den Master entweder in Babelsberg dranzuhängen oder nach Wien zu wechseln, entschied ich mich für Zweiteres, um innerhalb der Filmwelt ein neues Umfeld kennenzulernen.

Maximilians Bachelor-Abschlussfilm an der Filmuniversität Babelsberg, Liebe, Pflicht & Hoffnung (2020, 27 min), ist in der Mediathek von 3sat online verfügbar (bis 6.11.2027).

Dem Film Liebe, Pflicht & Hoffnung dient ein Theaterstück von Ödon von Horváth als Grundlage. Für das Startstipendium hast du dich mit einem Konzept beworben, das ebenfalls im Geiste von von Horváth geschrieben werden soll. In der Bewerbung schreibst du: „Horváths Bestreben, gesellschaftliche Illusionen zu zerstören und das Bewusstsein zu ‚demaskieren‘, geht mir sehr nahe.” Worum geht es in deinem Spielfilmprojekt Der Yeti, an dem du im Rahmen des Startstipendiums schreibst?

In Der Yeti geht es um Luisa, eine junge arbeitslose Frau, die sich mit kleinen Diebstählen etwas dazuverdient. Wie bei Horváth geht es auch hier um den Kampf zwischen Individuum und Gesellschaft. Luisa wird durch die Mühlen der Bürokratie gejagt. Im Jobcenter gilt sie als schwer vermittelbar, weil sie keine Stelle länger als zwei Monate halten kann, keinen Schulabschluss und keinen Führerschein hat. Fahrstunden werden ihr trotzdem nicht finanziert, stattdessen schickt man sie in einen Kreativkurs. Als Luisa den vereinslosen Profifußballer Vito bestiehlt, entwickelt sich zwischen den beiden eine Liebesbeziehung. Vitos Karriere endete, nachdem er von den Medien für den Tod seiner Freundin verantwortlich gemacht und als Mörder stigmatisiert wurde. Doch die Fotos und Nachrichten auf seinem gestohlenen Handy vermitteln Luisa ein anderes Bild. Ähnlich wie bei Horváth kann es für das Paar wahrscheinlich kein Happy End geben. Denn während Vito sich den Maximen des Profisports unterwirft, um sein Comeback zu schaffen, reagiert Luisa abwehrend auf jede Form von Motto oder Leitsatz.

In welchem Stadium befindet sich das Projekt derzeit und was wird in den nächsten Schritten die größte Herausforderung?

Der Film befindet sich aktuell in der Treatmentphase. Als nächstes will ich ihn in Zusammenarbeit mit der Drehbuchautorin Elisabeth Jakobi zum Drehbuch ausbauen. Dafür werden auch noch mehr Recherchen zu den Lebens- und Arbeitswelten unserer Figuren notwendig sein.

Porträtfoto © Cinema Next / Igor Ripak