Daniel Kalkhofer | BMKÖS Startstipendiat 2024
Porträts

Daniel Kalkhofer | BMKÖS Startstipendiat 2024

18.1.2025, 08:07 Uhr

Sich Zeit nehmen, um hinzusehen

 

Daniel Kalkhofer, 1995 in Linz geboren, absolvierte zunächst die New Design University in St. Pölten, bevor er von 2019 bis 2023 Zeitbasierte Medien an der Kunstuniversität Linz studierte. Sein Abschlussfilm “Marlene” war 2024 auf der Diagonale zu sehen und wurde beim Crossing Europe Filmfestival Linz mit dem Local Artist Award ausgezeichnet. Für das Startstipendium 2024 hat Daniel sich mit einer Dokumentarfilmidee beworben, die den Lieferketten Europas nachgeht.

 

Du hast Zeitbasierte Medien an der Kunstuniversität Linz studiert. Wie hast du den Weg zum Film gefunden und vor allem zum Dokumentarfilm, mit dem du dich ja auch mit deinem neuen Projekt beschäftigst?

Daniel Kalkhofer: Ich liebe gute Geschichten und habe das auch schon lange in meiner Arbeit gesucht. Ich habe davor Design studiert und im Gestalten das Erzählen gesucht – dabei ist auch ein wunderbares Indie-Magazin entstanden: WIEN LEBT. Wir haben dabei Menschen in ihren Wohnungen in Foto und Text porträtiert – und um ehrlich zu sein: Es hätte auch ebenso gut ein Dokumentarfilm sein können.

So hat es mich mehr und mehr zum visuellen Geschichtenerzählen gezogen. Auf der Kunstuni in Linz, im Master für Zeitbasierte Medien, habe ich dann auch die Kombination gefunden, welche ich lange gesucht habe. Bild und Ton zu verbinden und damit auch etwas experimenteller umzugehen – auch die Story und den Inhalt vor dem Medium zu denken – räsoniert total mit meiner Herangehensweise an meine Arbeit. So arbeite ich heute zwischen Audio und Video mit dem Fokus auf Dokumentarfilm.

Trailer des Dokumentarfilms “Marlene” (2024, 52 Min.), Daniels Masterarbeit an der Kunstuniversität, über eine Taekwondo-Sportlerin, die an den Olympischen Spielen teilnehmen möchte.

 

Worum geht es im Dokumentarfilmprojekt, mit dem du dich für das Startstipendium beworben hast?

Daniel Kalkhofer: “AUF DER STRECKE” erzählt von Arbeit und den Menschen, die buchstäblich unsere Welt verbinden. Arbeiter:innen im Waren- und Personentransport sind es, die tagtäglich dafür aufstehen, damit Züge pünktlich ankommen, Pakete ausgeliefert werden und Flugzeuge starten. Ihre Arbeit ist essenziell für unsere moderne Gesellschaft und so alltäglich, dass wir sie oft nicht (mehr) sehen. Sie passiert oft unter der Wahrnehmungsschwelle und bleibt dadurch auch ungesehen.

Mit AUF DER STRECKE möchte ich diesen Menschen zu ihren Arbeitsplätzen folgen, zu den Zügen, Rädern, Lastwägen oder Autos, die sie fahren, in die Lagerhallen, Häfen, Werkstätten und diese vielen Nicht-Orte, die auch metaphorisch auf der Strecke geblieben sind.

„AUF DER STRECKE“ soll dein erster langer Kinofilm werden, den du in deiner Einreichung als „beobachtender Dokumentarfilm“ beschreibst. Welche Art von Filmen interessiert dich oder was für Filme kommen dem am nächsten, wie du Filme machst?

Daniel Kalkhofer: Der Dokumentarfilm hat ja in Österreich große Tradition – Filme von Tizza Covi, Rainer Frimmel, Dariusz Kowalski und Nikolaus Geyrhalter sind natürlich große Inspirationsquellen für mich, weil sie in ihren Arbeiten immer wieder zeigen, wie viel Kraft im Unausgesprochenen liegen kann.

Ich mag Filme, die sich Zeit nehmen, um hinzusehen. Beobachtende Dokumentarfilme, die ohne belehrende Haltung auskommen und dabei doch so viel von uns selbst offenbaren. Meine Faszination für das Alltägliche, für das vermeintlich Unspektakuläre treibt mich hier an. Es geht mir darum, Bilder zu finden, die erzählen, ohne direkt zu erklären, und dabei die Betrachter:innen mit auf eine Reise zu nehmen – eine Reise, die vielleicht auch zu uns selbst zurückführt.

Du willst der Arbeit auf Europas Lieferketten nachgehen. Was konntest du auf den bisherigen Recherchereisen beobachten und in Erfahrung bringen? In welchem Stadium befindet sich das Projekt aktuell und was sind derzeit die großen Herausforderungen?

Daniel Kalkhofer: Momentan ist mein Fokus ganz bei den Protagonist:innen und der Organisation der Recherchen quer durch Europa. Parallel dazu arbeite ich am Drehkonzept und definiere nach und nach die Sprache des Films.

Ich durfte schon viele Einblicke in die unterschiedlichsten Arbeiten erhalten und merke, dass ich nach allen bisherigen Reisen immer noch am Anfang stehe. Ich tauche gerade in die Komplexität unserer Welt ein und darf sehen, wie klein die Handgriffe sind, welche dieses „große System“ zusammenhalten. Ob am Hafen in Dover, beim Flugzeugbau in Hamburg oder im Nachtzug – viele Menschen, mit denen ich gesprochen habe, haben in den letzten Jahrzehnten eine gravierende Veränderung verspürt. Ihr Arbeitspensum wurde höher, Kund:innen oft fordernder und dabei vielleicht auch nicht mehr so wertschätzend. Meine Arbeit ist nicht investigativ – ich möchte mehr aufzeigen als aufdecken – doch diese Begegnungen bestärken mich darin, mit dem Film genau hinzusehen und auch diese kleinen Geschichten zu erzählen.

Mit den Formationen BAGAGE und LASSE MANGOLD machst du auch Musik. Ist das für dich, als transdisziplinärer Künstler, einfach eine andere Ausdrucksform oder steht dein filmisches Schaffen in Verbindung mit dem musikalischen?

Daniel Kalkhofer: Ich glaube, es steht immer alles im Austausch. Für mich sind sich Audio und Video in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich. Als zeitbasierte Medien eröffnen sie zwar immer einen ganz anderen Raum, doch geht es in beiden Formaten um den Rhythmus, die Atmosphäre und den Klang, mit dem sie ihre Geschichten erzählen. Beides erfordert in dessen Entstehung ein komplettes Loslassen, um voll und ganz im Moment zu sein – das finde ich einfach nur schön!

 

PLATZHALTER MUSIKVIDEO? ODER ANSONSTEN FOTO VON RECHERCHEREISE eine Frage weiter oben?

 

 

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Portraitfoto © Cinema Next | Anna Breit