Film als Mittel der Selbstbefragung. Josephine Ahnelt lebte 13 Monate in Japan, in 13 Kapiteln erzählt sie in Winter Bienen sehr persönlich von ihrem Leben und ihrer Arbeit in einem anderen Land mit seiner ungewohnten Kultur.
Die Tonebene gibt immer wieder ein Skype-Gespräch zwischen zwei Frauen wieder, das an ein therapeutisches Setting erinnert (eine der Frauen ist die Filmemacherin). Sie sprechen über Liebeskummer, über psychische Verfasstheiten, über die Arbeit der Künstlerin an diesem Film.
Die Interdependenz von Leben und Kunst zieht sich als roter Faden durch die Gespräche. Wie geht man mit der Verwundbarkeit um, die daraus entsteht, keine Kompromisse machen zu wollen und sich vor Publikum zu entäußern? Welchen Einfluss nimmt das Leben auf die eigene Kunst und welche Teile des privaten Lebens werden Gegenstand der künstlerischen Auseinandersetzung? Die Bildebene stellt sich assoziativ zum Gesprochenen. Alltagsszenen und Menschen, meist in Schwarzweiß, gelegentlich blitzen farbige Sujets auf. Oft sind spielende Kinder zu sehen, Menschen, die in die Kamera lächeln, Straßenszenen, urbane Landschaft und Natur. In einigen Momenten zeigt sich die Regisseurin selbst, sie weint, ein anderes Mal blickt sie in eine Kamera, die von einem Kind gehalten wird. Das Spiel mit dem filmischen Blick wie mit dem Verweigern des Gesehenwerdens taucht immer wieder auf, kann als Kommentar auf die Gepflogenheiten eines Landes gelesen werden, in dem Gefühle wie Zuneigung nicht öffentlich gezeigt werden.
Als Kapitelüberschriften fungieren 13 Tafeln mit Illustrationen, filigrane Zeichnungen in Schwarz auf Weiß, von Menschen und Dingen, in Zeilen angeordnet, wie Buchstaben oder Schriftzeichen, Tagebucheintragungen in Bildern. Ein Alphabet der Fragen und Zweifel, der Höhen und Tiefen einer Lebensphase der Filmemacherin.
(Andrea Pollach, Katalog sixpack film)