„Mythos, Poesie, Politik, Ursprung des Lebens und Tod – das steckt da alles drin“
Für ihren experimentellen Kurzfilm Wreckage takes a holiday (AT 2019, 30 min) erhielt Jennifer Mattes 2019 den Diagonale-Preis im Wettbewerb „Innovatives Kino“. Einhergehend mit dieser Auszeichnung wurde die 1982 geborene Videokünstlerin und Filmemacherin eingeladen, für die diesjährige Diagonale den Trailer und eine Ausstellung im Kunsthaus Graz zu gestalten, die kurz vor der Festivalwoche ihre Eröffnung feiern sollte. Als wir uns knapp drei Wochen davor für dieses Porträt zum Gespräch trafen, um über Jennifers Arbeiten zu sprechen, fragten wir uns ganz beiläufig, ob eine Wahrscheinlichkeit bestände, dass die Diagonale wegen des Corona-Virus abgesagt werden könnte.
Die Leipziger Buchmesse war bereits gecancelled und Jennifer berichtete, dass ihre Eltern beim letzten Telefonat von leichten Panikanflügen in Deutschland sprachen, von ausverkauftem Desinfektionsmittel und von Hamsterkäufen in Apotheken. Doch selbst die Tatsache, dass Jennifer am Tag zuvor im Baumarkt die allerletzte Atemschutzmaske ergattern konnte, die sie für Bastelarbeiten mit Kunstharz benötigte, war für uns noch kein ernstzunehmendes Indiz – weder für die drohende Zuspitzung der Situation noch für die Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie, die fünf Tage nach unserem Treffen per Erlass der österreichischen Regierung in Kraft traten: Die Diagonale musste abgesagt werden, weitere Festivals folgten. Wenige Tage darauf die Schließungen von Museen, Ausstellungen, Theatern und Kinos. Auch wenn das Internet kein Ersatz für die sozialen Begegnungen in diesen Institutionen sein kann, versuchen diese den Kulturbetrieb nun zumindest online am Laufen zu halten, indem sie ihren zu Hause ausharrenden Gästen Teile ihrer Programme via Virtual Tour oder Streamingplattform zugänglich machen.
Still aus State of Stage (AT 2013, 15 min).
Dass verlassenen Kinos etwas Unheimliches innewohnt, dass die sozialen Orte ohne Publikum und ohne Filmprojektion vom Ausnahmezustand zeugen, von wirtschaftlichen, kulturellen oder politischen Krisen, von Invasionen, Umweltkatastrophen oder der Apokalypse, wissen wir: Es sind Endzeit-Bilder und Narrative, die man aus dem Kino kennt, aus der Literatur, aus dem Fernsehen und aus dem Internet.
In ihrer Found-Footage-Arbeit State of Stage (AT 2013, 15 min) bedient sich Jennifer aus diesen Archiven, löst die Bilder aus ihrem ursprünglichen Kontext heraus und synthetisiert sie zu einem neuen Narrativ. Auf YouTube gefundenes Amateurvideomaterial von Begehungen unbelebter, dunkler und mitunter vom Zerfall gezeichneter Lichtspielhäuser und leerer Bühnen montiert sie mit Bild- und Tonfragmenten aus Filmen, legt Schauspielanweisungen und Elemente aus Internetquellen als Voice-over über die virtuellen Abbilder öffentlicher und privater theatraler Räume. Die Gattungs- und Genregrenzen dabei ebenso auflösend wie die scheinbar gesetzten Relationen zwischen Beobachter/in und Beobachtetem, zwischen Bildkonsument/in und Bildproduzent/in, lässt Jennifer eine vielschichtige audiovisuelle Collage entstehen, die reflektierend wie affizierend um Fragen von Identitätssuche, Selbstdarstellung und Rollenfindung kreist. Projektionsflächen, Selbstbilder und Fremdbilder, die angeeignet, reproduziert und umgestaltet werden, um eine individuelle Geschichte zu erzählen.
In Jennifers Arbeiten treffen super-slicke Hollywoodbilder auf dokumentarische Aufnahmen vom Stativ, Orchestersound auf roughes Videomaterial, Spielbergs E.T. auf totspielende Kanarienvögel, Andy Warhol auf Internet-Memes und YouTube-Tutorials auf kulturtheoretische Schriften. Auf den ersten Blick mögen die Collagen wie chaotische und sehr subjektive Anhäufungen breitgestreuter Materialien anmuten, die amüsieren und emotionalisieren, aber nicht unbedingt Sinn hervorbringen. Spätestens beim zweiten Seherlebnis offenbart sich die konzeptionelle Präzision und Innovation, die in der Auswahl der Materialien und in den Sound- und Bildmontagen stecken. Das Feingespür nicht nur für Sprache, sondern vor allem für Ästhetiken, das die Künstlerin selbst im Umgang mit größtem Trash beweist, offenbart eine Affinität zu verschiedensten Oberflächen, die sich jedoch nie mit der sichtbaren Oberfläche zufriedengibt. „Vor allem, wenn man selbst dreht, schaut man schon sehr grafisch. Aber es geht mir eigentlich nicht um Oberflächen, ich will darunter.“ Es ist die Suche nach dem Verborgenen, Hässlichen, Verdrängten, das es in den bunten Collagen aus Bildern, Tönen und Schrift zu entdecken und zu erzählen gilt. Immer sind es die Demontagen von Geschichte(n), die Erzeugung von Brüchen, die Sichtbarmachung von Abgründen und Kehrseiten des schönen Scheins, die die Filmemacherin interessieren, und die Poesie in all diesen Dingen.
Unsere erste Begegnung mit Jennifer Mattes: 2010 beim Studentenfilmfestival film:riss in Salzburg – dem Vorgänger von Cinema Next –, wo Jennifer ihre Filme M.ANY (AT 2009, 8:30 min) und No Titel (2010, 6 min) präsentierte. (© film:riss)
„Mir hat mal jemand gesagt, dass, wenn man die Filme mehrmals sieht, die ganzen Verbindungslinien zwischen den unterschiedlichen Ansätzen und Ebenen der Arbeiten sichtbar werden. Aber mir ist schon wichtig, dass das erste Schauen einem auch etwas gibt, und wenn es nur ein Gefühl oder eine Stimmung ist. Das Ansehen soll Spaß machen. Da ich bei meinen eigenen Witzen aber immer am lautesten lache, frage ich mich schon, wenn ich mir das alles ansehe, ob man das verstehen kann, ob es eine Erzählung oder einen Ablauf gibt, der einen nicht vollkommen rausschießt aus allem. Ich hab’ deshalb schon oft das Gefühl, das ich Trash mache. Aber der Trash kann ja ein angenehmer Zugang zu den bierernsten Themen sein, mit denen man sich vielleicht nicht auseinandersetzen würde, wenn man nicht auch darüber lachen kann.“
Mit manchmal tiefschwarzem Humor und einer gesunden Portion Selbstironie verhandelt Jennifer auch in den kleinsten, alltäglichen, scheinbar banalen Geschichten die großen Themen der Conditio humana und wirft darin soziokulturelle, ökonomische, politische und existenzphilosophische Fragen auf.
Still aus Surfing the Surface. Lesson 1 – Surfisticated (I always wanted to be an artist. Where is my Mojo?) (AT 2012, 7 min).
Travel Diary (AT 2008, 10 min), das aus YouTube-Clips und einem entmenschlichten Voice-over montierte Reisetagebuch einer Zwangsprostituierten, sowie No Titel (AT 2010, 6 min), eine Videocollage aus abgefilmten und animierten Überwachungskamerabildern vom Straßenstrich einer tschechischen Grenzstadt und von einer Frauenstimme geflüsterten Textfragmenten aus einem Internetforum, in dem die Freier dieser Gegend Erfahrungen austauschen, legen nicht nur gegebene Ambivalenzen des Sextourismus im geografischen wie virtuellen Raum offen, sondern auch die Glücksversprechen und Sehnsüchte, denen Prostituierte wie Freier hinterherjagen. Verrauschte Videoaufnahmen eines betrunkenen Hasen, der selbstmitleidig das Fahrrad durch die Nacht schiebt, dazu eine kalte Computerstimme, die „Mein erstes Mal“ aus der Jugendzeitschrift Bravo verliest. Diskosprite (AT 2015, 12 min), wie Jennifer sagt: eine Trash-Arbeit, die sie mit ihrem Atelierkollegen Michael Gülzow für eine Installation realisierte, greift mit der an Liebesleid und falschen Träumen gescheiterten Existenz auf eine Figur zurück, die schon in den sehr frühen Arbeiten eine Rolle spielte – etwa in XXXX (AT 2007, 13 min), der Godard und Beckett zitierenden Geschichte einer Sexpuppe –, und auch noch im aktuellen wiederkehrenden Figurenensemble der Filmemacherin vertreten ist.
Die Arbeit mit vorhandenen Bildern war nicht immer Teil von Jennifers künstlerischem Schaffen. Als Kind habe sie schon immer viel gemalt und sich dadurch in eine eigene Welt zurückgezogen. Als sie nach der Matura Kunst studieren wollte, redeten die Eltern ihr diese brotlose Idee aus. Jennifer folgte der Einladung zur Immatrikulation im Kommunikationsdesign-Studium an die Merz Akademie in Stuttgart und ließ den Termin, den sie bereits an der Universität für Angewandte Kunst in Wien hatte, sausen. In Stuttgart entschied sie sich für die neueste Fachrichtung „Film und Video“. Das ausschlaggebende Kriterium war nicht ihr spezifisches Wissen oder Interesse für diesen Bereich, sondern ihre Sympathie für die Leute in dieser Disziplin.
„Ich hatte bis dahin überhaupt keinen Zugang zu Filmen und Videos und hab’ mich letztlich für diese Richtung entschieden, weil ich die Menschen nett fand, die sich dafür interessierten und diesen Pathway gewählt hatten.“ So hat es sich ergeben, dass Jennifer bei Künstler/innen wie Judith Berry, Constanze Ruhm und Christoph Dreher Unterricht hatte. „Zu dieser Zeit habe ich auch selbst gedreht und inszeniert, das gab es damals noch. Und dann hatte ich einen Boyfriend, der einen Film gemacht hat, bei dem ich geholfen habe – und das war ein Horrorerlebnis für mich. Es war furchtbar anstrengend und man hatte nie Geld. Dann, als alles vorbei war, hat er sich von mir getrennt. Da habe ich mich entschieden, nur noch mit Elementen zu arbeiten, die es bereits gibt.“
Nach dem Abschluss arbeitete Jennifer bei einer Filmproduktion, merkte aber schnell, dass das nicht ihr Ding war und sie noch immer Kunst studieren wollte. Mit dem Vorsatz, das zwei Jahre lang durchzuziehen, bewarb sie sich 2007 an der Akademie der bildenden Künste, zog von Deutschland nach Wien und begann bei Constanze Ruhm und Harun Farocki „Kunst und digitale Medien“ zu studieren. „Ich bin da total hängengeblieben. Damals habe ich dann mit diesem YouTube-Zeug angefangen. Weil ich schon immer wollte, dass die Auswahl der Materialien Sinn macht, war das irgendwann aber so ausgelutscht, dass dabei nichts mehr rüberkam. Ein Teil meiner Arbeiten ist das aber trotzdem geblieben.”
Stills aus Trading Stories. A Cargo Named Desire (AT 2015, 42 min).
Auf ihrer Reise mit dem Containerschiff von Hamburg nach Qingdao, zu der sie die Reisetagebücher ihres Urgroßvaters bewegt hatten und aus der Trading Stories. A Cargo Named Desire (AT 2015, 42 min) hervorging – ein Film über die Unmöglichkeit von Liebe und über eine zufällig umhertreibende Flaschenpost inmitten feststrukturierter Seehandelsrouten –, begann Jennifer zum ersten Mal nach langer Zeit wieder selbst Bilder zu drehen. „So ist das Thema mit diesen Schiffen und dem Meer aufgekommen. Die Sehnsucht ist bei mir ein riesengroßes Thema. Und das ist natürlich ein perfektes Bild dafür. So kam es, dass ich seitdem mit diesem Sujet rumhantiere.“
Spätestens seit einer weiteren Reise, diesmal auf die griechische Insel Kythera, den ursprünglichen Geburtsort der Liebesgöttin Aphrodite, spielt das Meer als unbekanntes Faszinosum und unendlicher Angstraum, als utopischer und zugleich dystopischer Nicht-Ort eine tragende Rolle im mittlerweile imposanten Œuvre der Künstlerin: „Mythos, Poesie, Politik, Ursprung des Lebens und Tod – das steckt da alles drin.“ Ausverkauf des Paradieses an Touristen in Viertel nach Eden (AT 2014, 27 min) und an eine sich in Liebesabenteuer flüchtende Feudalgesellschaft in Sea you By the Sea (AT 2017, Part 1, 9 min). Unterwasserwelten und Tiefseeimpressionen in A Dive (Part 1 & Part 2, AT 2016, 23 min). Das Mittelmeer als kaltes Grab und Aphrodite mit Rollkoffer als schiffbrüchige Gestrandete in Wreckage takes a holiday (AT 2019, 30 min), der in einer skurrilen, surrealen Montage von popkulturellen sowie kunst- und filmhistorischen Versatzstücken die Sonnenseite des maritimen Raums in eine unauflösliche Beziehung mit dessen Nachtseite setzt.
Still aus Wreckage takes a holiday (AT 2019, 30 min).
Bester Experimentalfilm! Für Wreckage takes a holiday erhielt Jennifer 2019 den Diagonale-Preis Innovatives Kino. (© Diagonale/Miriam Raneburger)
Liebe, Tod, Sehnsucht und der Meeresgrund, der dystopische Ort, der noch existiert, während oben schon alles vorbei ist, sind auch Motive, die in der Grazer Kunsthaus-Ausstellung Bars von Atlantis wiederkehren sollten, an der Jennifer zum Zeitpunkt unseres Treffens seit drei Monaten arbeitete:
„Es wird zwar auch Filmsequenzen geben und alles wird ein bisschen episch sein, mit einer Sammlung von Küssen zwischen Liebenden aus der Filmgeschichte, aber ich arbeite dieses Mal vermehrt mit Objekten und baue zum ersten Mal selbst Dinge dafür. Das Ganze soll aussehen wie ein gesunkenes Schiff. Es ist mehr eine Stimmung, in die man hineinkommt. Ich habe Seile von Baustellen geklaut, Schifffahrtsgegenstände wie verrostete Ketten, einen Poller und zwei Anker bei Ebay aufgestöbert, die ich noch aus Deutschland hierher karren muss. Diese Sachen zu besorgen, das Video zu schneiden und gleichzeitig noch Gegenstände zu basteln, bedeutet gerade noch ein bisschen Stress.“
Als Ankünderfigur für die Ausstellung taucht die gescheiterte, alkoholaffine Liebesgöttin auch im Trailer auf, den Jennifer für die Diagonale’20 gestaltete und für den sie erstmals seit dem Studium an der Merz Akademie mit einer Schauspielerin arbeitete und Dialoge inszenieren musste. Ungewohnt und verunsichernd für jemanden, der gewöhnlich alles im Alleingang gestaltet und generell nicht gern in den Fokus der Aufmerksamkeit rückt.
„Das ist wie mein Verhältnis zum Meer: Die Angst ist schon ein Motor zur Erforschung des Unbekannten: Ich springe manchmal gern ins kalte Wasser, manchmal auch nicht, aber generell setze ich mich oft Situationen aus, die ich hasse. Etwa wenn ich mit anderen Menschen drehe oder mit meiner Kamera auf einer Insel unterwegs bin, auf der nur 600 Leute wohnen, die einen irgendwann alle kennen. Mir ist das unangenehm, so sichtbar zu sein. Da möchte ich lieber verschwinden. Bilder zu finden kostet mich auch viel Motivation, um überhaupt loszugehen. Aber wenn ich mal drin bin, kann ich nicht mehr aufhören. Dann halte ich auch mitten in der Nacht auf der Straße an. Mein Vater meint, es gäbe da Ähnlichkeiten zu einem Junkie. Es ist oft so, dass ich etwas sehe, was ich dann unbedingt auch noch brauche, wenn ich eigentlich nicht mehr kann. Ich hasse es anzufangen, aber wenn ich drin bin, werde ich schnell zum Workaholic.“
Ina Maria Jaich im Diagonale’20-Trailer. (c) Arthur Summereder
Inspiration für den Trailer war Rainer Werner Fassbinders Die bitteren Tränen der Petra von Kant (BRD 1972), den Jennifer zu Merz-Akademie-Zeiten einmal gesehen, aber wieder vergessen hatte – ein Phänomen, das bei ihr häufig auftritt, wie sie sagt. Ihr Atelierpartner hat ihr dann die Telefonszene wiedergezeigt und Jennifer war klar, dass sie damit arbeiten will. Abgesehen davon, dass Fassbinder ein faszinierender Wahnsinniger war, der sich selbst verschwendete, reizte sie die Figur der exzentrischen Tragödin, in der sie Parallelen zu ihrer gescheiterten Schaumgeborenen und damit die Chance sah, mit einer guten Freundin endlich eine solche Figur zu inszenieren. Recht schnell wurde klar, dass die Szene nicht einfach reinszeniert werden konnte, sondern dass etwas ganz Eigenes entstehen muss.
„Der Raum, in dem wir gedreht haben, war viel kleiner, aber der Flokati war echt. Die absurde Perspektive, die Fassbinder einnimmt, fand ich auch so bemerkenswert, weil der Ausschnitt einen theatralen Bühnencharakter hat, der alles ausstellt. Ich fand das alles sehr atlantisch, weil diese Figur so am Boden und zugleich von solchem Kontrollwahn geleitet ist. Der Narzissmus und die Machtspiele, um die es da geht, fand ich sehr spannend, weil es irgendwie anwidert und man zugleich vollkommen reinkippen kann in diese Figur, weil man ihre Zustände kennt. Das waren die Momente, die mich motivierten, das zu machen. Und dann kam der Hase ins Spiel, die Maske der Masken, die total überzeichnet ist, auf diesem weißen Teppich aber fast unterzugehen droht.“
Um die Szene aus Fassbinders Film abzudecken, war klar, dass der Trailer vier Teile haben wird, der fünfte Teil war eine spontane Eingebung. „Zwei Abende vor Drehbeginn hing ich mit meinem Freund beim Aufbau des Sets auf dem gemütlichen Flokati herum und er hat irgendwann den Aschenbecher auf den weißen Teppich gekippt. Um ihn zu reinigen, kam er plötzlich mit einem Handstaubsauger an. Als ich dieses Bild sah, diese sinnlose Arbeit, wusste ich, dass ich das drin haben will.“
Entstanden ist ein kurzer Film über Sehnsucht, die Suche nach dem echten Leben im falschen und den Zustand des Wartens: warten auf den Karaokeeinsatz, auf den Anruf, auf das Glück. Originär und mit skurrilem Witz erinnert der Trailer daran, dass es möglich ist: das Erleben von Zeit als erfüllte (und erfüllende) Zeit. Im Kino.
Wie lange wir noch zu warten haben auf diese Zeit im Kino ist momentan unsicher. Sicher ist jedoch, dass Jennifer bereits an neuen Projekten arbeitet: Mit einer Freundin hat sie bei der Stadt Wien ein Theaterstück eingereicht und der Israel-Film, an dem sie schon länger sitzt, muss geschnitten werden. „Es gibt ja die Drei-Projekte-Regel: Es muss eins geben, das man gerade abschließt, eins, an dem man arbeitet, und eins, das man plant. Momentan ist das so, aber es ist auch ein andauernder Erschöpfungszustand. Man wird zum Workaholic und muss sich manchmal bremsen. Deshalb habe ich jetzt einen Hund, der strukturiert das Leben ein bisschen und man ist ab und an zu Pausen gezwungen.“
Die Corona-Krise gibt uns auch eine Form von Struktur – Rückzug, Isolation, Innerlichkeit und Reflexion, quasi zwangsverordnet. Hoffen wir, dass all das, was hier – in Begegnung mit den Bildern im Netz und am Bildschirm und in der Auseinandersetzung mit den eigenen Seh(n)süchten – an Kunst entsteht, bald wieder seinen Weg in die Öffentlichkeit findet. Im Kino, in der Galerie, auf der Bühne.